Gesundheit unterstützen statt Krankheiten bekämpfen. Andreas Peglau im Gespräch mit Heiko Lassek

Der Arzt und Orgontherapeut Heiko Lassek über Wilhelm Reichs späte Behandlungsmethoden und sinnvolle Ziele von Heilbehandlungen.

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Er hat eine abgeschlossene schulmedizinische Ausbildung hinter sich – und arbeitet mit Methoden, die von der herrschenden Medizin ignoriert oder abgelehnt werden: Wilhelm Reichs Methoden. Er bemüht sich um die Heilung von Krankheiten, für die die übliche „Reichianische Körperarbeit“ kaum eingesetzt wird: schwerste seelisch-körperliche Leiden bis hin zu Krebs. In seinem Buch „Orgontherapie – Heilen mit der reinen Lebensenergie“ kritisiert er, dass die Schulmedizin durch Fehlbehandlung leichter Erkrankungen schwere Krankheiten oftmals erst hervorruft. Andererseits befürwortet er in bestimmten Fällen sogar solche schulmedizinischen Mittel wie die Chemotherapie, von der andere behaupten, sie sei gefährlicher als die Krankheiten, gegen die sie eingesetzt wird.

Als ich Heiko Lassek in seiner Praxis am Rande des Berliner Grunewaldes besuchte, wollte ich diesen Widersprüchen auf den Grund gehen. Wo ordnet er sich ein mit dem was er tut? Was ist ein „Orgontherapeut“ – und wie ist er zu dazu geworden?

Lassek: Ich komme eigentlich von einem sehr naturwissenschaftlich orientierten Gymnasium. Aber ich habe auch Psychoanalytiker wie Sigmund Freud und C. G. Jung schon ziemlich früh gelesen und Bücher über östliche Philosophie und Heilkunde. Und in der taoistischen Literatur zum Beispiel ist es ja eine Selbstverständlichkeit, von der Existenz einer Lebensenergie auszugehen. Dann traf ich mit 16 Jahren auf das Buch „Wilhelm Reich und die Orgonomie“ von dem norwegischen Philosophen Ola Raknes. Als ich das gelesen hatte, war ich fasziniert davon, daß dieser Wilhelm Reich zum einen so interdisziplinär gedacht und geforscht hat – zu Psychologie, Soziologie, Medizin, Pädagogik bis hin zu einer Kosmologie – und daß er auf all diesen Gebieten das Konzept einer Lebensenergie angewandt hat, diese Energie sogar therapeutisch eingesetzt hat. Uralte Erfahrungen wurden hier mit den wissenschaftlichen Methoden des 20. Jahrhunderts verbunden.

Genau daran hoffte ich zunächst mit einem Physikstudium anknüpfen zu können, was sich allerdings als Illusion herausstellte: Was darunter an der Universität verstanden wurde, kam mir geradezu lebensfeindlich vor. Aber ich hatte damals schon begonnen, wenn auch noch relativ dilettantisch, einige von Reichs Experimenten zu wiederholen – und sogar sein Nachweis, daß zerfallene Zellbestandteile sich wieder zu neuen einzelligen Lebensformen verbinden, ließ sich letztendlich nachvollziehen!

Ich hatte also schon ein ganz anderes Modell von Leben, von Gesundheit und Krankheit im Kopf als das schulmedizinische. Und daher war ich dann auch in der Lage, aus meinem anschließenden Medizinstudium für mich sehr viel mitzunehmen; ich konnte den Blick auch auf ganz andere Schwerpunkte richten als auf die, die hauptsächlich vermittelt werden sollten. Dabei half mir ebenfalls, daß ich immer wieder Reisen unternahm zu noch lebenden Schülern von Wilhelm Reich in den USA oder in Skandinavien, zu Mitarbeitern von ihm, zu ehemaligen Patienten oder auch zu Eva Reich, seiner Tochter.

Das heißt, ich war in der Lage, mehrgleisig zu fahren, sowohl von der „Orgonomie“ zu lernen als auch von der Schulmedizin.

A.P.: Du gehörst also nicht zu denjenigen, die sagen: Die Ärzte sind die Krankheit, die sie vorgeben zu behandeln? Es gibt ja Systeme, die sind so kaputt, daß sie insgesamt verschwinden sollten. Und manche Leute sind der Meinung, die Schulmedizin ist so ein System.

Lassek: Das sehe ich nicht so. Die Frage ist: Was ist die Schulmedizin? Für mich ist sie ganz entscheidend durch die Menschen bestimmt, die sie ausüben – durch Ärzte, Schwestern, Pfleger. Ich habe phantastische Lehrer gehabt aus diesem Bereich, ich habe zutiefst mit dem Leben verbundene „schulmedizinische“ Ärzte kennengelernt. Ich habe auch gesehen, daß bei ganz bestimmten Stadien mancher Erkrankungen die Schulmedizin über Mittel verfügt, die hilfreicher sind als alles, was ich aus alternativen Heilsystemen kenne.

Ich habe zum Beispiel gesehen, wie in eine Notaufnahme Menschen mit schwersten Psychosen gebracht wurden, die zuvor andere Menschen umgebracht hatten und die dann mit dem Messer auch auf uns losgingen, das Mobiliar zerschlugen, das medizinische Personal lebensgefährlich verletzten. Ich habe auch gesehen, daß es dann notwendig war, solchen Menschen in dieser Situation erstmal eine Spritze zu geben, damit sie 36 Stunden schliefen. Ich habe das vorher nicht geglaubt. Aber auch das ist Schulmedizin. Ich habe auch viele Menschen sterben gesehen, die – obwohl sie zunächst bei schulmedizinischer Behandlung gute Aussichten gehabt hätten – darauf bestanden, sich ausschließlich alternativ behandeln zu lassen und dann in eine Phase gekommen sind, wo sie sterben mußten – und ihnen auch schulmedizinisch nicht mehr geholfen werden konnte.

Nach meiner Erfahrung gibt es zum Beispiel bei bestimmten Stadien von Hodenkrebs oder bei bestimmten Formen von Leukämien im Kindesalter die besten Behandlungserfolge oder sogar Heilungschancen beim Einsatz schulmedizinischer Methoden wie der Chemotherapie. In vielen anderen Fällen dagegen würde ich dringend davon abraten.

Es ist also immer wieder die Frage zu stellen: Welche Methode ist bei welcher Erkrankung welches Menschen am hilfreichsten? Pauschale Verdammungen oder Lobpreisungen bringen gar nichts. Jemand, der anderen Menschen helfen will, sollte unbedingt einen Überblick haben, wenigstens über die wichtigsten Methoden, die es auf seinem Gebiet gibt. Es grenzt daher auch an Scharlatanerie, wenn ein Schulmediziner nicht dazu steht, daß er bei bestimmten Krankheitsbildern machtlos ist. Und darüber hinaus müßte er so tolerant und so gut informiert sein, daß er in diesen Fällen darauf hinweist, wenn es in anderen Heilverfahren Erfolge im Umgang mit diesen Erkrankungen gibt. Menschen zu sagen, ihnen könnte nicht oder nicht mehr geholfen werden – nur weil die eigene, bevorzugte Heilmethode an ihre Grenzen gestoßen ist, ist unverantwortlich. Das gilt für Schul- ebenso wie für Alternativmediziner.

A.P.: Der Schwerpunkt deiner eigenen Arbeit liegt ja bei Erkrankungen, an die sich die meisten der Therapeuten, die sich auf Wilhelm Reich berufen, nicht heranwagen. Sehr viel verbreiteter ist doch die „Körpertherapie“ als Behandlungsmethode neurotischer oder leichterer psychosomatischer Störungen oder zur Intensivierung des Gefühlsausdruckes. Oder zur Bewußtseinserweiterung. Die Liste der durch dich und einige deiner Kollegen erfolgreich behandelten Erkrankungen schließt aber selbst Epilepsie, chronische Schmerzzustände oder manche Leukämie- und Krebserkrankungen mit ein.

Lassek: Reich war Arzt – und zwar nachweislich ein sehr erfolgreicher Arzt. Es war für mich immer sehr erstaunlich, daß die Richtung, die er in der Medizin eingeschlagen hat, nach seinem Tod so vollständig unter den Tisch gefallen ist. Als ich vor 11 Jahren an die Ärztekammer geschrieben habe, ich lasse mich jetzt nieder als Arzt und arbeite ausschließlich mit den von Dr. Reich entwickelten wissenschaftlichen Methoden, war das daher tatsächlich ein gewisses Risiko. Viele haben mich gewarnt, ich würde meine Zulassung verlieren, wenn ich das mache. Aber das passierte nicht. Und inzwischen haben mehrere andere Ärzte das ebenfalls erfolgreich wiederholt.

Aber vor 11 Jahren war die Situation auch noch so, daß man im allgemeinen gar nicht mehr wußte – oder wissen wollte – daß Reich seine eigenen Behandlungstechniken sehr viel weiter entwickelt hat, als sich das in den gängigsten Körpertherapieformen widerspiegelt. Das, worauf dort zumeist aufgebaut wird, ist der Stand der Körpertherapie, wie ihn Reich in den späten dreißiger Jahren erreicht hatte – also vor seiner Entdeckung der Lebensenergie! Sein gesamtes Behandlungskonzept veränderte sich aber radikal durch diese Entdeckung. Und machte damit unter anderem eben auch die Behandlung schwererer körperlicher Erkrankungen möglich. Aber das wird selbst unter den meisten Körpertherapeuten nicht wahrgenommen. Viele von ihnen, soweit sie sich überhaupt mit dem gesamten Werk von Reich befassen, ziehen einfach den „Schlußstrich“ nur etwas später als die Psychoanalytiker: Für sie gilt Reich zwar nicht schon als verrückt, als er über die Psychoanalyse hinausgeht, aber eben dann ein paar Jahre später, als er die Lebensenergie entdeckt und damit über die Körpertherapie hinausgeht. Es gibt mittlerweile tausende Bücher über Körpertherapie weltweit – aber, soweit mir bekannt ist, gab es bislang kein einziges Buch über Orgontherapie.

A.P.: Was ist das Besondere, das Neue in der Orgontherapie, wodurch unterscheiden sich ihre Methoden von den gängigen Körpertherapien, bei denen zum Beispiel chronische Muskelverspannungen abgebaut werden durch Massagen oder bestimmte Bewegungen? Ist es nur der Orgonakkumulator, der dazukommt?

Lassek: Zum einen hat Reich darauf hingewiesen, daß jede sinnvolle therapeutische Arbeit, auch die psychoanalytische beispielsweise, letztlich auch auf die lebensenergetische Situation des Körpers einwirkt. Insofern hat er sich auch nicht etwa distanziert von seinen früheren Behandlungsmethoden, der Charakteranalyse bzw. der Vegeto- oder Körpertherapie. Er hat sie in die Orgontherapie mit eingeschlossen, meinte aber: Es ist doch effektiver, direkt mit den Energieströmen im menschlichen Körper zu arbeiten, als diese nur mittelbar durch eine Erinnerung an ein frühes Trauma zu beeinflussen. Und für diese direkte Einflußnahme hat er Techniken entwickelt. Bestimmte „Streßpositionen“ mit angespannten Armen zum Beispiel, die – bei tiefer Atmung – zuerst zu örtlichen Muskelzuckungen führen und schließlich in wellenförmig pulsierende Ganzkörperbewegungen übergehen. Dadurch erfolgt sowohl ein Auflösen von Muskelblockaden als auch ein „Durchfluten“ des gesamten Organismus mit Energie. Das läßt sich im einzelnen auch in meinem Buch nachlesen. Und natürlich gehört auch die Anwendung des Orgonakkumulators mit zu den Möglichkeiten der Orgontherapie.

Es geht aber gleichzeitig um etwas Grundsätzlicheres, das ich immer gerne anhand eines Bildes beschreibe: Stellen wir uns vor, unser Leben wäre der Schiffsverkehr auf einem großen Fluß. Der Wasserstand des Flusses entspricht unserem aktuellen Energieniveau. Auf dem Grund dieses Flusses liegen unsere ganzen Verletzungen, Enttäuschungen und unausgelebten Wünsche als große Steine herum. Ist der Wasserstand – unser Energieniveau – niedrig, müssen die Schiffe ständig um all die gefährlichen, aus dem Wasser ragenden Gesteinsbrocken herummanövrieren.

Nun sind zwei Vorgehensweisen möglich: Zum einen können diese Steine kartographiert werden, genau vermessen und Untersuchungen darüber angestellt, wie sie überhaupt entstanden sind. Das entspräche den Methoden der analytischen oder Gesprächstherapie, die dadurch hofft, den Schiffsverkehr etwas zu erleichtern. Oder aber man kann versuchen, Schleusen zu öffnen, damit sich der Wasserstand, der Energiepegel des Organismus, erhöht – solange, bis der Schiffsverkehr ungehindert über die jetzt weit unten liegenden Felsbrocken hinwegströmen kann. Letzteres ist der Ansatz der Orgontherapie. Das heißt, die Steine sind zwar noch vorhanden, aber nicht mehr lebensbedrohlich. Ich kann mich immer noch – aber ohne Not – dafür entscheiden, hinabzutauchen und sie mir anzusehen.

Verstehst du, es ist ein völlig anderer Ansatz, ob ich den Schwerpunkt der Behandlung auf das Kranke lege, auf die Fehlleistung, das Symptom, die Muskelblockade, also auf die Steine – oder ob ich das Gesunde, den Fluß, die Energie, in den Mittelpunkt stelle. Und das ist eine radikale Veränderung im Vergleich zu den körperorientierten Psychotherapien …

A.P.: … die sich ja wohl auch weitgehend darin einig sind, daß es grundsätzlich etwas Positives ist, seine Gefühle „rauszulassen“. Auch in diesem Punkt vertrittst du in deinem Buch eine andere Meinung. Du behauptest, in bestimmten Fällen kann genau das schädlich sein.

Lassek: Ja, das ist meine ganz klare ärztliche Erfahrung. Aber auch das habe ich nicht nur selbst immer wieder erlebt, sondern gleichfalls bei dem „späten“ Reich nachgelesen. Die meisten körperorientierten Therapierichtungen bevorzugen Techniken, die zu einer Entladung des Körpers führen. Zum Beispiel, indem über Jahre angestaute Schlageimpulse durch anhaltendes Einschlagen auf einen Sandsack mit einem Tennisschläger „herausgelassen“ werden. Das ist aber bei Menschen, die an sich schon dazu neigen, aufgenommene Lebensenergie nicht „halten“, nicht speichern zu können, unter Umständen sehr gefährlich, weil sie sich dadurch immer mehr „entladen“ – was wiederum auf Dauer zu leichteren bis schwereren Erkrankungen führen kann. Selbst vorhandene Anlagen zu Tumorbildungen können unter Umständen dadurch verstärkt werden.

Liest man in Reichs Schriften der vierziger und fünziger Jahre nach, hört man sich die Tonbandmitschnitte der Supervisionen an, die er anderen Ärzten gegeben hat, stellt man aber fest, daß er sich dieses Problems vollkommen bewußt war. Deshalb hat er zusätzlich zu den „Entladungsübungen“ auch „Ladungsübungen“ entwickelt, eben für diese andere Patientengruppe. Das bedeutet, man kann sehr wohl auch diesen Menschen helfen – aber anders, als es in den meisten Körpertherapien üblich ist. Und damit schließt sich der Kreis: Um diese Entscheidung – welche Energieübung für welchen Patiententyp die richtige ist – treffen zu können, muß man Reichs Konzept einer Lebensenergie überhaupt erst einmal zur Kenntnis nehmen.

A.P.: Das schließt doch auch eine entsprechende Vorstellung von Gesundheit mit ein: daß die Lebensenergie uns durchströmt, daß wir durch sie in einem ständigen Energieaustausch mit der Umwelt sind.

Lassek: Nicht nur das. Wir müssen zu einem angemessenen Wechsel zwischen Ladung und Entladung in der Lage sein, nur dann sind wir gesund. Reich hat das Pulsation genannt: Alle Lebensprozesse sind durch solche Pulsationen gekennzeichnet, durch den Wechsel von Aktivität und Entspannung, von Tag und Nacht, von Jahreszeiten, von Ausdehnung und Zusammenziehen. So pulsierend verlaufen auch unsere Körperfunktionen: der Herzschlag, die Verdauung beispielsweise. Alle unsere Organe haben eigene Rhythmen. Und das spiegelt wider, wie sie sich mit Lebensenergie aufladen bzw. wie sie sich anschließend wieder entladen.

A.P.: Dazu paßt dann wohl, daß ich auch die Chance haben muß, sowohl „aus mir heraus zu gehen“ als auch mich „in mich zurückziehen“ zu können. Aber woran merke ich, wenn ich nicht „pulsiere“?

Lassek: Daran, daß eine Erstarrung eintritt. Zum Beispiel, wenn ich auf Dauer antriebslos bin, depressiv oder aufgedreht oder wenn bestimmte Symptome unverändert über lange Zeit bleiben.

Ich denke, Phasen von Depressivität oder Müdigkeit oder Euphorie gehören heute durchaus zum gesunden Leben. Oder Symptome können sehr wohl anzeigen, daß etwas Positives geschieht. Wenn zum Beispiel an Krebs erkrankte Menschen unter der Einwirkung einer naturheilkundlich-energetischen Methode schwere Hauterkrankungen oder Asthma bronchiale bekommen, ist das oft ein Zeichen dafür, daß das eigentliche Krebsgeschehen zum Stillstand gelangt ist: Der Krankheitsprozeß hat sich auf eine andere, weniger bedrohliche Ebene verlagert. Dagegen sind über Jahre anhaltende Hauterkrankungen kein Zeichen von Gesundheit, sondern möglicherweise von energetischer Erstarrung.

Es ist aber so, daß jeder auch sein individuelles Energieniveau hat, das für ihn das beste ist. Wenn wir einen ganzen Tag in der Sonne liegen, fühlen sich manche von uns wunderbar aufgeladen und gestärkt, andere fühlen sich danach schwer, erschöpft und müde. Das hängt ab von unserem Energietyp und davon, wieviel Energie wir schon am Beginn dieses Tages in uns hatten. Manch einer fühlt sich am wohlsten, wenn er wenig geladen ist. Dann sollte er auch so leben können. Oder: Ein anderer ist sowieso schon meistens überladen, fühlt sich ständig unruhig und getrieben. Dann sollte er lernen, wie er dieses Übermaß an Energie sinnvoll abbauen kann – ohne dazu auf „Energiedämpfer“ wie Alkohol, Valium oder Marihuana zurückgreifen zu müssen.

Es wäre also völlig falsch zu sagen: Wir alle brauchen mehr Energie. Oder: Jeder und jede sollte sich so oft wie möglich in den Orgonakkumulator setzen. Das kann bei manchen völlig falsch sein.

Deswegen betrachte ich auch viele esoterische Techniken, die heute oft eingesetzt werden, um möglichst schnell zu möglichst viel Energie zu kommen, sehr kritisch: „Power-Meditation führt Sie zum Super-Orgasmus!“ oder „Dieser Yoga-Schnellkurs macht Sie fit für die Karriere!“ – ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, ob diese Karriere vielleicht in einem gänzlich lebensfeindlichen Beruf stattfinden soll. Da werden Techniken aus einem größeren Rahmen, aus einer Philosophie oder einem Lehrgebäude entnommen, innerhalb dessen sie ganz anderen Zwecken dienten. Und wenn sie in diesem ursprünglichen Rahmen eingesetzt wurden, dann wurden auch vielfältige andere Faktoren mit berücksichtigt: kosmische Einflüsse, Ernährungsgewohnheiten, Lebenssituationen zum Beispiel. Isoliert davon können diese „Energiegewinnungstechniken“ oft eher schaden als helfen. Deshalb brennen dann in den entsprechenden Workshops und Schnellkursen genauso viel Glühbirnen durch wie erleuchtet werden.

A.P.: Wilhelm Reichs Traum, daß irgendwann mal in jedem Haushalt ein für wenig Geld selbst gebauter Akkumulator steht, mit dem sich die Menschen dann in vielen Gesundheitsfragen allein helfen können, wäre also ausgeträumt, weil zu riskant?

Lassek: Das ist so auch wieder nicht richtig. Für einige Menschen kann der Akkumulator schädlich sein. Bei Asthma und vor allem bei lymphatischen und Leukämieerkrankungen sollte unbedingt auf seinen Einsatz verzichtet werden. Bei Autoimmunkrankheiten, bei Hauterkrankungen und bei Bluthochdruck sollte die Anwendung nur unter kompetenter ärztlicher Kontrolle erfolgen. In Betrieb befindliche Hochspannungsröhren, Fernseher, fluoreszierende Lampen und Röntgenapparaturen sollten wenigstens in einem Radius von zehn Metern um den Akkumulator ebenfalls nicht vorhanden sein – auch nicht im Stockwerk über oder unter mir.

Aber schädigende Wirkungen entstehen nicht, weil ich mich einmal für ein paar Minuten hineingesetzt habe. So schnell geht das nicht. Und deshalb ist es ja auch möglich – und nötig – sich dafür Zeit zu lassen, in Ruhe auszuprobieren: Tut es mir gut, wenn ja, wie lange fühle ich mich wohl dabei? Mit kurzen „Sitzungen“ von zehn, fünfzehn Minuten anfangen, nur langsam steigern. Und vorsichtig bleiben: Eine Energiebehandlung, die für die Lunge, das Herz und die Nieren gut sein kann, kann bei einem bestimmten Menschen für seinen Magen trotzdem schlecht sein – dann nämlich, wenn er ein Magengeschwür hat.

Allerdings ist es ohnehin nicht notwendig, gleich mit einer solchen Ganzkörper“bestrahlung“ zu beginnen, die alle Organe gleichzeitig beeinflußt. Es gibt einfach herzustellende „Mini-Orgongeräte“, deren Bauanleitungen auch in meinem Buch enthalten sind. Diese Geräte kann ich beispielsweise völlig gefahrlos einsetzen für die beschleunigte Heilung von Schnittwunden an meinen Händen.

Und es geht sowieso nicht um den Akkumulator an sich. Vor allem ermöglichen solche Geräte, sich am eigenen Leib vom Vorhandensein dieser Energie zu überzeugen, von ihrer Wirksamkeit. Das wiederum könnte der Einstieg sein, sich überhaupt mit dem ganzen umfassenden Lebensenergie-Konzept Wilhelm Reichs auseinanderzusetzen und mit seinen radikalen Auswirkungen auf alle Bereiche unseres Lebens. Je mehr Menschen das tun und dazu stehen, desto mehr Ärzte werden sich auch der Orgonmedizin zuwenden und qualifizierte Beratung zur Anwendung des Akkumulators geben können.

In Barsinghausen, einer 20.000-Seelengemeinde bei Hannover, stehen heute wahrscheinlich mehr Orgongeräte als in jeder anderen deutschen Kleinstadt. Warum? Weil ich da geboren und aufgewachsen bin, mit vielen über meine Interessen gesprochen habe, andere gefunden habe, die sich für diese Themen interessiert haben, später Vorträge gehalten habe, unter anderem am Zukunfts-Institut unter der Leitung von Professor Arnim Bechmann. Aber mindestens genauso wichtig war, daß in der Wohnung meiner Mutter so ein Orgongerät stand. Und daß sie das auch benutzt und ihrer Nachbarin davon erzählt hat. Und dann wollte die das auch mal ausprobieren, diesen „Kasten“, weil sie Schmerzen im Knie hatte. Und siehe da: Es half tatsächlich! Also hat sie es weitererzählt: „Da hat so ein Herr Reich …“ . Und heute gehen dort viele mit Schnittwunden und Verbrennungen nicht mehr zum Arzt, sondern „bestrahlen“ das gleich selbst.

Verstehst du: Das ist doch jetzt das Wichtigste – daß das vorhandene Wissen über die Lebensenergie immer mehr an die Öffentlichkeit gebracht wird. Eine öffentliche Diskussion darüber, wie wir am besten mit dieser Energie umgehen wollen, wird notwendigerweise daraus folgen.

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Frühere Veröffentlichungen finden sich in ICH – Zeitschrift für neue Lebenskultur, Winter 1997 sowie in „Weltall, Erde …ICH“ bzw. www.weltall-erde-ich.de.
Heiko Lassek, geboren 1957, ist 2011 verstorben.