Archiv des Autors: AndreasPeglau

Über AndreasPeglau

1957 geboren in Berlin/ DDR, Dr. rer. medic., Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut und Psychoanalytiker in eigener Praxis.

Interview mit Talk Together!: Rechtsruck im 21. Jahrhundert

Im Oktober 2017 wurde ich interviewt von „Talk Together! Zeitung von und für Migrant_innen und Nicht-Migrant_innen“. Sie wird herausgegeben vom Verein Salzburg – Kommunikation und Kultur.
Das Gespräch ist in der Ausgabe November-Dezember 2017 erschienen.

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Talk together: In Ihrem Buch „Rechtsruck im 21. Jahrhundert“ beschäftigen Sie sich mit Wilhelm Reichs „Massenpsychologie des Faschismus“. Was war für Sie das Motiv, sich mit Wilhelm Reich zu beschäftigen?

Andreas Peglau: Ich bin in der DDR aufgewachsen und habe an der Humboldt-Universität in Berlin Psychologie studiert. Ich habe mich damals sehr mit dem DDR-Staat identifiziert und mich für den Marxismus interessiert. Weiterlesen

Über Freud und Marx hinaus: Wilhelm Reichs „Massenpsychologie des Faschismus“ (1933)

von Andreas Peglau¹

Nur gelegentlich wird heute, wenn es um die Hintergründe der aktuellen Erfolge „rechter“ Bewegungen und Parteien geht, auf Sigmund Freuds Massenpsychologie und Ich-Analyse verwiesen. Noch seltener ist eine Bezugnahme auf Wilhelm Reichs 1933 erschienene Massenpsychologie des Faschismus – obwohl dieses Buch Freuds Analyse an Tiefgründigkeit bei Weitem übertraf. Es war eines der wichtigsten psychoanalytischen Bücher, die je erschienen sind,² zugleich die erste Veröffentlichung dessen, was heute Rechtsextremismusforschung genannt wird.³ Dennoch ist es, insbesondere in seiner ursprünglichen Fassung, in der Reich noch als „linker“ Psychoanalytiker schrieb, weitgehend in Vergessenheit geraten. Dass dieses Werk 2013 in den Band 100 Klassiker der Sozialwissenschaften aufgenommen wurde,4 ist vielleicht ein Indiz für eine beginnende Wiederentdeckung. 2017, im Jahr von Wilhelm Reichs 60. Todes- und 120. Geburtstag, hat seine Massenpsychologie ihre Brisanz nicht verloren; sie ist sogar im Wachsen. Weiterlesen

Der Mensch ist dem Menschen KEIN Wolf – über eine eklatante Freud`sche Fehlleistung

von Andreas Peglau

Die noch immer – und nicht nur unter vielen kleinianischen und lacanschen Psychoanalytikern – verbreitete Auffassung, es gebe einen Todes-, Destruktions- oder zumindest einen, wie Konrad Lorenz postulierte, Aggressionstrieb, lässt sich mit guten wissenschaftlichen Argumenten bezweifeln.¹ Literatur dazu ist reichlich vorhanden.²
Bemerkenswert und meines Wissens wenig bekannt ist jedoch: Auch dem vielfach als Autoritätsbeweis für die Existenz angeborener Bösartigkeit herangezogenen Satz Sigmund Freuds liegt die krasse Fehlauslegung eines Zitates zugrunde.

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100 JAHRE „URSZENE“. Anmerkungen zu einem strittigen Begriff

von Andreas Peglau

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Psychoanalytische Geröllhalden

Johannes Cremerius (1995, S. 47) urteilte, die Psychoanalyse habe nur eine Zukunft, wenn sie sich „Aufräumarbeiten“ in der Begriffsbildung unterziehe, statt weiter dahin zu stolpern über „Geröllhalden beliebiger, vieldeutiger Begriffe oder solcher, die nur geheime Vokabeln für Eingeweihte sind“. Sogar „im Zentrum der psychoanalytischen Theoriebildung“ stoße man auf „generalisierende Ideen“, „Privatphilosophien“, nie Geklärtes und unreflektiert Weitergegebenes. Ich teile diese Ansicht.
Die als kindliche Beobachtung elterlichen Geschlechtsverkehrs verstandene, angeblich traumatisierende „Urszene“ scheint mir einer der hinterfragenswürdigen Begriffe zu sein. Daher wollte ich wissen: Wie wird in der Psychoanalyse Freuds tatsächlicher Umgang mit diesem Terminus berücksichtigt? Ist die dieser Szene zugeschriebene Wirkung mittlerweile empirisch geprüft?

Urszene

Sigmund Freud 1918: „Lösung aller Rätsel“.

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Wie sähe eine an Wilhelm Reich orientierte Psychoanalyse aus?

von Andreas Peglau

Aus einem Vortrag, gehalten auf der Frühjahrstagung der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung in Kassel, am 6.6.2015.

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… Lässt sich aus all dem, was ich Ihnen nun berichtet habe, der Schluss ziehen, es wäre wünschenswert, Reich – wie 1997, anlässlich seines 100. Geburtstages, gefordert wurde –, durch Wiederaufnahme in die Internationale Psychoanalytische Vereinigung (IPV) zu „rehabilitieren“?

Zum einen glaube ich nicht, dass Reich Wert darauf gelegt hätte, posthum erneut IPV-Mitglied zu werden. Weiterlesen

Unpolitische Wissenschaft? Vorwort zur dritten und erweiterten Auflage 2017

von Andreas Peglau

Die Vorarbeiten zu diesem Buch begannen 2007, im Jahr von Wilhelm Reichs 110. Geburts- und 50. Todestag. An Reichs Berliner Wohnhaus – das mit Fug und Recht als »Geburtshaus der Körperpsychotherapie« angesehen werden kann – wurde damals eine Gedenktafel eingeweiht.

 

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Psyche und „Rechtsruck“ – Tarek Al-Ubaidi und Andreas Peglau im Gespräch bei CROPfm

Am 23. Dezember 2016 haben Tarek Al-Ubaidi und ich uns wieder einem ebenso wichtigen wie sträflich vernachlässigten Thema zugewandt: den Zusammenhängen zwischen psychosozialen Prägungen und dem mittlerweile über Europa hinaus wahrnehmbaren „Rechtsruck“. Weiterlesen

„Amtliche Kommunistenförderung“: Zweimal Wilhelm Reich in der Wiener Arbeiter-Zeitung, 1930

Karl Fallend, Autor von Wilhelm Reich in Wien. Psychoanalyse und Politik (1988), wies mich am 5.7.2016 auf Texte in der sozialdemokratischen Arbeiter-Zeitung hin, die in Reaktion auf den Übertritt der „Revolutionären Sozialdemokraten“ erschienen sind.  Weiterlesen