Archiv der Kategorie: DDR

Gesäuberter Antifaschismus. Nachbemerkungen zum Gespräch mit Ernst Federn

von Andreas Peglau

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Als ich hörte, worüber Ernst Federn zu berichten hätte – über Unterdrückungsmechanismen zwischen KZ-Häftlingen – wußte ich, daß da ein wichtiges Thema für die ,,ICH-Zeitung“ zu finden wäre. Schon während unseres Interviews dämmerte mir, daß es mich viel persönlicher und umfassender treffen würde als erwartet. Und als ich mir mit ein paar Tagen Abstand das Tonband mit unserem Gespräch anhörte, wurde mir regelrecht schlecht. (Ich befürchte, daß das nur ehemalige DDR-Bürger so ganz nachvollziehen können; am besten vielleicht diejenigen, die sich ähnlich enthusiastisch bis naiv mit ihrem Staat identifiziert haben wie ich.)
Wenn das auch nur im Wesentlichen stimmte, was Ernst Federn erzählte, war nicht nur eine meiner letzten verbliebenen Vorstellungen von dem heroischen Erbe, daß wir DDR-Bürger hätten fortführen sollen, falsch. Wie ließe sich dann überhaupt noch zwischen ,,Gut“ und ,,Böse“ unterscheiden? Weiterlesen

Selbsterkenntnis oder „Flucht nach innen“? Eine Frage, im Sommer 1990 gestellt an Rudolf Bahro

In der gegenwärtigen Situation der DDR scheint alles Mögliche wichtiger zu sein als eine Beschäftigung mit der eigenen Lebensgeschichte oder den eigenen unbewußten Motiven. Welche Bedeutung würdest du trotzdem in dieser Zeit und in diesem Land Fragen der Selbsterkenntnis und -verwirklichung beimessen? Weiterlesen

„Mensch, Mensch: Die Unfähigkeit zu trauern“. Andreas Peglau und Hans-Joachim Maaz im Gespräch (Tondokument)

Zwischen März 1989 und April 1991 führten Andreas Peglau und Hans-Joachim Maaz neunzehn Gespräche, aus denen Sendungen für Jugendradio DT 64 entstanden. Am Montag,  den 19.3.1990 – einen Tag nach der „ersten freien Wahl“ in der DDR – lief zwischen 20.03 und 21 Uhr das drei Tage zuvor aufgenommene Gespräch unter dem Titel „Mensch, Mensch: Die Unfähigkeit zu trauern“.
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Unsere ,,Unfähigkeit zu trauern“. Hans-Joachim Maaz, am 16. 3. 1990 – zwei Tage vor der „ersten freien Wahl“ in der DDR – befragt von Andreas Peglau

Dazu, warum die DDR-Bevölkerung nach dem Ausbruch aus einem autoritären System umgehend nach neuartigen Möglichkeiten suchte, sich unterzuordnen. Und warum die Trauer über den Ausverkauf der DDR ausblieb. 

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Psychische Revolution und therapeutische Kultur – Vorschläge für ein alternatives Leben. Hans-Joachim Maaz, im Februar 1990 befragt von Andreas Peglau

Zu notwendigen psychosozialen Veränderungen für eine tatsächlich bessere Gesellschaft.

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A.P.: Autoritäre Systeme bringen gespaltene Persönlichkeiten hervor. Gespalten in eine angepaßte, gefällige Fassade, unterdrückte Gefühle wie Haß, Wut, Trauer, Schmerz und in ein ungestilltes Bedürfnis nach Liebe und Zuwendung. An diese Erkenntnis Wilhelm Reichs knüpfen Sie an und konnten sie für Ex-DDR-Bürger voll bestätigen. Die Vermutung, daß der „Sozialismus in den Farben der DDR“ allerdings nur eine spezifische Spaltungs-Variante hervorgebracht hat, und ähnliche Verformungen für alle Industrienationen typisch sind, liegt nahe.
Eine solche Analyse des Bestehenden ist notwendig. Aber wo liegt die Hoffnung? Wie könnte – aus psychotherapeutischer Sicht – eine ideale Gesellschaft aussehen?
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Sind wir alle potentielle Stalinisten? Andreas Peglau im Gespräch mit Hans-Joachim Maaz zu den psychischen Grundlagen der DDR-Gesellschaft

Eine bittere Bilanz der psychosozialen Verhältnisse im ostdeutschen Staat, Januar 1990.

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A.P.: Der Begriff „Stalinismus“ ist seit Oktober 89 geradezu ein Modewort geworden, wenn es darum geht, die negativen Seiten der DDR-Gesellschaft zu beschreiben. Zumeist werden darunter in erster Linie politische, juristische und auch ökonomische Aspekte zusammengefaßt. Dementsprechend werden deutliche Veränderungen vor allem in Staatsaufbau, Recht und Wirtschaft gefordert. Sie behaupten dagegen, ohne eine zusätzliche „psychische Revolution“ kann von einer Überwindung des Stalinismus nicht die Rede sein. Was ist damit gemeint? Weiterlesen

Hindernisse für Lust und Liebe. Hans-Joachim Maaz, befragt von Andreas Peglau

Ein Blick auf gestörte und ungestörte sexuelle Lust und erfüllte Liebe aus psychoanalytisch-körperpsychotherapeutischer Sicht.

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A.P.: Liebe ist ja doch ein Wort, was ziemlich inflationär gebraucht wird. Es gibt unheimlich viel Definitionsversuche über Liebe, vorwiegend im Bereich geistreicher Aphorismen. Können Sie aus Sicht der Psychotherapie noch eine Definition hinzufügen? Weiterlesen

Die Sprache des Körpers. Hans-Joachim Maaz, befragt von Andreas Peglau

Gespräch vom Mai 1989, in dem – erstmals im DDR-Rundfunk – Grundsätze der maßgeblich von Wilhelm Reich entwickelten Körperpsychotherapie erklärt wurden.

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A. P.: In jeder analytischen Psychotherapie geht es darum, Unbewußtes bewußt zu machen, verlorengegangene, verdrängte Erlebnisse wieder ans Tageslicht zu holen. Normalerweise wird dabei der Schwerpunkt auf die Sprache gesetzt – z. B. indem der Patient alles mitteilt, was ihm spontan zu seinem letzten Traum einfällt.
Der Zusatz „körperorientiert“ vor der von Ihnen bevorzugten Therapieform weist schon darauf hin, daß Sie sich nicht auf diesen Weg beschränken. Warum? Weiterlesen